Warum heißt der Sonntag „Sonntag“?
Das deutsche Wort „Sonntag“ bedeutet wörtlich
genommen „Tag der Sonne“. Dies geht zurück auf die alten Germanen, die die
griechisch-römisch Benennung der Wochentage nach den Planetengöttern übernahmen
und umwandelten. Neben der Sonne (-> Sonntag) waren dies der Mond
(->Montag), Thingus (->Dienstag), Wotan (->engl. Wednesday – das
deutsche Mittwoch bedeutet „Mitte der Woche“), Donar (->Donnerstag), Freia
(->Freitag), Saturn (->engl. Saturday). Das deutsche Wort „Samstag“ kommt
vom jüdischen Sabbat. Viele der Traditionen, die dem Sonntag zugeordnet werden,
haben ihre Wurzeln im Sabbat.
Woher stammt der Sabbat?
„Am
Anfang schuf Gott Himmel und Erde“
– so heißt es im ersten Vers der Bibel (1. Mose 1,1). Das Ende des
Schöpfungswerks am siebten Tag ist der Sabbat, zu dem es in 1. Mose 2,2 heißt: „Und
so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am
siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. 3 Und Gott segnete den siebenten Tag
und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen
und gemacht hatte.“
Von der Schöpfung und ihrem Abschluss im Sabbat ergab
sich die Aufforderung an den Menschen, den Sabbat als Ruhetag Gottes dadurch zu
heiligen, dass sie ihn ebenfalls als Ruhetag begehen. So heißt es in den Zehn
Geboten, wie sie im 2. Buch Mose festgehalten sind (2. Mose 20,8-11): „Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest. Sechs Tage
sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der
Sabbat des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein
Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein
Fremdling, der in deiner Stadt lebt. Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel
und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am
siebenten Tage. Darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn.“
Eine
andere Begründung erfuhr das Sabbatgebot im 5. Buch Mose. In der dort
festgehaltenen Fassung der Zehn Gebote wurde auf den Auszug aus Ägypten
zurückgeblickt und damit dem Sabbat eine soziale Dimension zugewiesen (5. Mose
5,12-15): „Den Sabbattag
sollst du halten, dass du ihn heiligest, wie dir der HERR, dein Gott, geboten
hat. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten
Tag ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun,
auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Rind, dein
Esel, all dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt, auf
dass dein Knecht und deine Magd ruhen gleichwie du. Denn du sollst daran
denken, dass auch du Knecht in Ägyptenland warst und der HERR, dein Gott, dich
von dort herausgeführt hat mit mächtiger Hand und ausgerecktem Arm. Darum hat
dir der HERR, dein Gott, geboten, dass du den Sabbattag halten sollst.“
Wie verhielt sich Jesus zum Sabbat?
In der Bergpredigt hat Jesus deutlich gemacht, dass
er nicht gekommen sei, um das alttestamentliche Gesetz Gottes oder die
Propheten aufzulösen, und gesagt: „Ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern
zu erfüllen“ (Matthäus 5,17). Viele Berichte in den Evangelien zeigen
jedoch auf, dass es bei der Auslegung und Befolgung der Gebote zu Konflikten
zwischen Jesus und den „Schriftgelehrten und Pharisäern“ kam. Ein Beispiel ist
die Geschichte über das Ährenraufen am Sabbat (Markus 2,23-28): „Und
es begab sich, dass er am Sabbat durch ein Kornfeld ging, und seine Jünger
fingen an, während sie gingen, Ähren auszuraufen. Und die Pharisäer sprachen zu
ihm: Sieh doch! Warum tun deine Jünger am Sabbat, was nicht erlaubt ist? Und er
sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen, was David tat, als er in Not war und ihn
hungerte, ihn und die bei ihm waren: wie er ging in das Haus Gottes zur Zeit
Abjatars, des Hohenpriesters, und aß die Schaubrote, die niemand essen darf als
die Priester, und gab sie auch denen, die bei ihm waren? Und er sprach zu
ihnen: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um
des Sabbats willen. So ist der Menschensohn
ein Herr auch über den Sabbat.“ Damit wurde die Sabbatheiligung in besonderer Weise
in den Dienst des Menschen gestellt.
Wie wurde aus dem Sabbat der Sonntag?
Die ersten Christen und Christinnen stammten aus dem
Judentum und begingen deshalb zunächst den Sabbat. Als das Christentum sich
über die ganze Welt ausbreitete, kamen jedoch mehr und mehr Christen nicht aus
dieser Tradition. Dagegen wurde der auf den Sabbat folgende Tag, der Sonntag,
zum wichtigsten Tag der christlichen Woche. Nach dem Zeugnis der Evangelien
galt er als Tag der Auferstehung Jesu Christi (vgl. Markus 16,2). Die Christen
versammelten sich an diesem ersten Tag der Woche zu abendlichen Mahlfeiern, um
der Auferstehung ihres Herrn zu gedenken (vgl. Lukas 24,30-43; Johannes 20.1).
Im 2. Jahrhundert finden sich dann weitere eindeutige Belege für einen
christlichen Sonntagsgottesdienst. Unter Kaiser Konstantin wurde im Jahr 321
die Feier des Gottesdienstes mit dem arbeitsfreien Ruhetag am Sonntag
verbunden; in der Folge dessen war gegen Ende des 4. Jahrhunderts der Sonntag
als christlicher Ruhetag etabliert. Im Mittelalter galt der sonntägliche
Gottesdienstbesuch als Kirchengebot.
Wie verhielt sich die Reformation zum Sonntag?
Die evangelischen Kirchen kannten keine Pflicht zum
sonntäglichen Gottesdienstbesuch, sondern betonten die Freiheit, die den
Menschen am Sonntag das Hören des Wortes Gottes und für Mensch und Vieh eine
Ruhepause ermögliche. Für Luther spielten dabei auch sozialethische Überlegungen
eine wichtige Rolle. In seinem Kleinen Katechismus (1529) formulierte er in
seiner Auslegung des Feiertagsgebots: „Du sollst den
Feiertag heiligen. – Was ist das? – Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir die
Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern es heilig halten, gerne hören
und lernen.“
Der Heidelberger Katechismus, der für den reformierten Protestantismus in Deutschland steht, formulierte
als Antwort auf die Frage „Was will Gott im vierten Gebot?“: „Gott will zum
einen, dass das Predigtamt und die christliche Unterweisung erhalten bleiben
und dass ich besonders am Feiertag, zu der Gemeinde Gottes fleißig komme. Dort
soll ich Gottes Wort lernen, die heiligen Sakramente gebrauchen, den Herrn
öffentlich anrufen und in christlicher Nächstenliebe für Bedürftige spenden.
Zum anderen soll ich an allen Tagen meines Lebens von meinen bösen Werken
feiern [=ablassen] und den Herrn durch seinen Geist in mir wirken lassen. So
fange ich den ewigen Sabbat schon in diesem Leben an“ (Heidelberger
Katechismus, Frage 103).
Welche Entwicklung nahm der Sonntag in der Neuzeit?
Durch die industrielle Revolution des 19.
Jahrhunderts wurden die Arbeitszeiten auch auf den bisher arbeitsfreien Sonntag
ausgedehnt. Erst 1891 wurde Sonntagsarbeit wieder verboten. Die Weimarer
Reichsverfassung 1919 schützte den Sonntag als „Tag der Arbeitsruhe und er
seelischen Erhebung“; diese Bestimmung wurde auch in das Grundgesetz der
Bundesrepublik Deutschland aufgenommen. Nachdem der Sonntag alter Tradition
gemäß als erster Tag der Woche angesehen wurde, beginnt seit 1976 in
Deutschland die Woche mit dem Montag, so dass der Sonntag als Teil des
Wochenendes die Woche abschließt.
Zwar ist die Sonntagsruhe heute gesetzlich geschützt, doch ist er als arbeitsfreier Tag zunehmend gefährdet. Immer mehr Ausnahmen werden genehmigt. Immer häufiger wird gefordert, dass die Menschen auch am Sonntag die Möglichkeit haben sollen einzukaufen. Neben wirtschaftlichen Interessen haben veränderte Freizeit- und Konsumgewohnheiten zur Folge, dass die bisherigen Strukturen des Sonntags als Tag des christlichen Gottesdienstes wie auch als gemeinsamer Tag der Erholung für alle Menschen sich massiv wandeln.