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Kirchliches Musikalisches

Gott ist groß

Predigt zum 125+1. Jubiläum des Chorverbands in der Evangelischen Kirche von Westfalen,
St. Reinoldi-Kirche Dortmund, 25.09.2021

(hier geht’s zum Video des Festgottesdienstes, die Predigt gibt’s ab 33:40)

Liebe Gemeinde, hier und heute in der Dortmunder Reinoldi-Kirche oder später an den Bildschirmen!

„Gott ist groß! Kein Mensch kann ihn so sehn! Gott ist groß! Ihn als Ganzes verstehn? Denn Gott ist groß, denn Gott ist groß! Größer als jeder Geist das wohl jemals begreift!“

So haben wir den Text von Benedikt Preiß in der Vertonung von Matthias Nagel gerade gehört. Eine ganz frische Verbindung von Theologie und Kirchenmusik. Aber keine völlig neue Erfahrung. „Gott ist groß! Kein Mensch kann ihn so sehn!“ –  das ist eine Erfahrung, die schon viele Menschen vorher gemacht haben. Eine dieser Erfahrungen ist in der Bibel, im Alten Testament niedergeschrieben.

Die Mose-Geschichten erzählen von einem Mann mit einer besonderen Beziehung zu Gott. Im 2. Buch Mose steht, dass Gott sich mit ihm unterhalten hat, wie wenn ein Mann sich mit einem Freund unterhält. Und wohl deshalb hat Mose dann eine ganz unerhörte Bitte an Gott gehabt:
18 „Lass mich deine Herrlichkeit sehen!“ 19Und Gott sprach: Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen und will ausrufen den Namen des Herrn vor dir: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich. 20Und er sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht. 21Und der Herr sprach weiter: Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen. 22Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. 23Dann will ich meine Hand von dir tun, und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen.

Liebe Chorverbandsjubiläumsgemeinde,

Mose wollte Gottes Herrlichkeit sehen – wollen Sie das auch? Will ich das auch? Manchmal wünsche ich mir, Gott nicht nur zu sehen, sondern auch vorzeigen zu können. Seit Jahren treten immer mehr Menschen aus der Kirche aus, als in die Kirche ein. Und wenn wir den Studien Glauben schenken können, wird das auch weiter so bleiben. Manchmal wünsche ich mir dann, Gott sehen zu können. Und ihn auch anderen zeigen zu können, ihn und seine Herrlichkeit. Manchmal wünsche ich mir, die Überzeugungsarbeit für die Kirche, die ich ja doch leisten müsste, auf einen beweisbaren und vorzeigbaren Gott abschieben zu können. Wenn ich mich nicht groß genug fühle, dann würde ich gerne den großen Gott mit all seiner Herrlichkeit sichtbar an meiner Seite wissen.

Und doch bin ich mir nicht sicher, ob ich wirklich Gottes Herrlichkeit sehen wollte. Schon ein direkter Blick in die Sonne blendet und schädigt die Augen. Nicht umsonst gibt es selbst für Sonnenfinsternisse diese kleidsamen Sofi-Brillen.

Wieviel mehr müsste ein direkter Blick in Gottes Herrlichkeit blenden und die Augen schädigen! Schon die unmittelbare Konfrontation mit der Wahrheit ist oft kaum auszuhalten. Wieviel mehr die unmittelbare Konfrontation mit Gottes Größe! Und dafür gibt es keine Sofi-Brille.

In der Erzählung der Begegnung von Mose und Gott hat Gott in andere Weise Rücksicht genommen auf den Zusammenhang ihrer Beziehung. Eben ohne Sofi-Brille.

Zunächst einmal: Gott weist Mose einen Ort zu. Erst das macht ihre Begegnung möglich. Kein besonderer, heiliger Ort, sondern ein ganz normaler Fels. Gott begegnet dem Menschen nicht nur im Tempel oder in der Kirche. Dort auch – und besonders, wenn es eine so wunderbare Kirche wie St. Reinoldi ist. Aber vor allem begegnet Gott dem Menschen an ganz normalen Orten. Und zu ganz normalen Zeiten. So kann auch der Alltag unserer normalen Beschäftigungen zum Ort der Gottesbegegnung werden.

Und dann ist da noch eine zweite Art und Weise, wie Gott den Zusammenhang seiner Beziehung zu Mose beachtet.
Mose bekommt Gott nicht von vorn zu sehen. Da hält Gott seine schützende Hand davor. Mose bekommt Gott nur von hinten zu sehen. Selbst Mose, selbst diesem Menschen mit der so intensiven Gottesbeziehung, ist eine direkte Gotteserkenntnis nicht möglich. Erst im Hinterherblicken erkennt er Gott.

Vielleicht ist es Ihnen schon mal ähnlich ergangen: Erst in der Rückschau wurde deutlich: Hier ist Gott gewesen. In dem Moment, in dem ich im Auto gerade noch an einem Unfall vorbeigekommen bin, denke ich an vieles, wohl kaum aber an Gott. Erst später wird klar, wessen schützende Hand hier im Spiel war. Wie oft erkenne ich Gottes Präsenz nicht im Präsens, sondern in der Vergangenheit.

Wo haben Sie hier ähnliche Erfahrungen gemacht? Wo haben Sie die Spuren von Gottes Gegenwart rückblickend im eigenen Leben erkannt?

Auch die Geschichte des Chorverbands in der Evangelischen Kirche von Westfalen kann so eine Möglichkeit sein, Gottes Spuren rückblickend zu erkennen. Auch wenn böse Zungen behaupten „Westfalia non cantat“ – Westfalen singe nicht –, gibt es hier natürlich schon lange Musik und auch Kirchenmusik. Von der Reformation bis heute war und ist evangelischer Glaube ohne Gesang nicht denkbar.

Martin Luther hat einmal gesagt: „Die Musica ist eine schöne und herrliche Gabe Gottes.“ Und in seinem Weihnachtslied „Vom Himmel hoch“ heißt es: „Davon ich singen und sagen will…“ Davon ich singen und sagen will – in der Reihenfolge: Musik als erstes Medium der Verkündigung! Schon in der Reformation wurde fleißig zum Lobe Gottes gesungen.

Etwa seit dem 17. Jahrhundert gibt es Chöre im heutigen Sinne. Und 1895 fand die Gründungsversammlung des westfälischen Chorverbands statt. Ganz im Sinne dessen, was die neutestamentlichen „Einsetzungsworte der Kirchenmusik“ in Kolosser 3,16 uns aufgetragen haben: „Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in eurem Herzen“.

Und so können wir heute dankbar auf 125 Jahre +1 Chorgeschichte, Chorverbandsgeschichte in Westfalen zurückblicken. Und in diesen 125+1 Jahren Gottes Spuren suchen und finden. Ein Grund, Gott dankbar in unseren Herzen singen!

„Denn Gott ist groß, denn Gott ist groß! Größer als jeder Geist das wohl jemals begreift!“ Sie merken: Ich bin nach dem Umweg über die Kirchengeschichte wieder in der Gegenwart angekommen, beim heute uraufgeführten Gloria:

„Gott ist groß! Kein Mensch kann ihn so sehn! Gott ist groß! Ihn als Ganzes verstehn?“ Diese Frage müssen wir wohl weiterhin aushalten. Das gilt nämlich nicht nur für Mose und die Menschen des Alten Testaments. Das gilt auch für Christinnen und Christen: „Niemand hat Gott je gesehen“, heißt es zu Beginn des Johannes-Evangeliums. Die Gemeinde des Neuen Bundes ist hier kaum weiter als die Gemeinde des Alten Bundes. Im 13. Kapitel des 1. Korintherbriefs schreibt Paulus: „Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.“

Auf dieses „dann aber“ warten Christen wie Juden weiterhin. Sie warten darauf, wir warten darauf, dass Gott diese Welt und ihre Erkenntnis zu ihrem Ziel, nein, zu seinem Ziel führen wird. Wir warten auf den Tag, an dem wir alle Gott von Angesicht zu Angesicht sehen können. Bis dahin müssen wir akzeptieren, dass wir Gott nicht direkt sehen können, dass wir ihn nicht sichern, nicht vereinnahmen können. Dazu ist er zu groß.

Aber bis dahin können wir Gott loben mit allen Stimmen, die wir haben, mit allen Instrumenten, die wir spielen können, mit allen Taten der Liebe, die wir tun können. Bis dahin haben wir Gottes Zusage, sein Versprechen in seinem Namen: „Ich bin gnädig, wem ich gnädig bin, und ich erbarme mich, wessen ich mich erbarme.“ Auf diese Gnade, auf dieses Erbarmen hoffe ich.

Amen.

Predigtlied: „Wind kannst Du nicht sehen“ (Text: Markus Jenny, Melodie Erhard Wikfeldt;  EG 568, 1-5)

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Kirchliches

Das Ü-Ei und das Senfkorn

Predigt am 12.09.2021 zur Wiedereröffnung des Gemeindezentrums Auferstehungskirche in Arnsberg

Liebe Gemeinde,

oh happy day – was für ein toller Tag!

Wie lange haben Sie Ihre Auferstehungskirche während des Umbaus nicht nutzen können. Das war schon eine Durststrecke. Aber immer mit dem Ziel vor Augen: Wenn die Kirche fertig ist und die Gemeinderäume mit im Haus sind, ja dann… Und dann, als sie fertig war und die ganzen Mühen vorbei waren, konnten Sie das nicht mal richtig feiern – Corona.

Aber jetzt: Oh happy day!
Ich bin heute aus Bielefeld zu Ihnen nach Arnsberg gekommen, um diesen happy day mit Ihnen zu feiern. Und ich habe Ihnen etwas mitgebracht. Erkennen Sie es? Das Innere eines Ü-Eis. Das eigentlich Besondere an dieser Süßigkeit.

Nun können Sie ja fragen: Warum kommt der von Bülow aus dem Bielefelder Landeskirchenamt hierher? Wegen so eines kleinen gelben Dings?

Ich will Ihnen erzählen warum. Das hängt mit dem zusammen, was in dem kleinen gelben Dings drin ist. Ein Zettel. Darauf steht: „Wenn Gott nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen.“ Psalm 127,1. Wir haben das vorhin gemeinsam gebetet. Der Psalm des heutigen 15. Sonntags nach Trinitatis. Was könnte passender sein für diesen Happy Sunday?

Es gibt übrigens einen Zwilling für dieses Ü-Ei mit dem Psalm-Spruch. Das liegt im Fundament des Hauses meiner Familie in Bielefeld. Während der Bauzeit haben mir meine Eltern einen Zettel mit diesem Vers mitgebracht und weil wir gerade nichts anderes da hatten, haben wir Psalm 127,1 mit einer gelben Ü-Ei-Hülle im Fundament versenkt. Seit 10 Jahren wohnen wir also auf diesem Fundament und es sollen noch viele Jahre werden. Das kleine gelbe Dings symbolisiert meinen Wunsch, dass auch Ihr Haus, diese Kirche nämlich, ein gutes Fundament hat und sie sich viele, viele Jahre darauf verlassen können.

Das Ü-Ei steht aber auch symbolisch für ein noch kleineres gelbes Dings. Im für heute vorgeschlagenen Predigttext aus Lukas 17 (5f.) kommt es in einem ganz kurzen Dialog zwischen Jesus und seinen Jüngern vor:

5Und die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben! 6Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und verpflanze dich ins Meer!, und er würde euch gehorsam sein.

Senfkörner sind sehr klein. Wir kennen sie alle aus den Gläsern mit Essiggurken. Die kleinen gelben Punkte, die da herumschwimmen, sind Senfkörner.

Maulbeerbäume sind in unseren Breiten nicht ganz so bekannt. Sie sind auf jeden Fall Bäume – so habe ich nachgelesen – die sehr tiefe Wurzeln treiben und auch noch voller Dornen sind. Sechs bis fünfzehn Meter werden sie hoch. Ein äußert unangenehmes Gewächs, um es auszureißen – zur damaligen Zeit galt dies sogar als unmöglich.

In anderen Fassungen dieses Jesus-Worts versetzt der senfkorngroße Glaube keine Maulbeerbäume, sondern Berge. Aber egal ob Baum oder Berg – eigentlich geht es ja um den Glauben.

Wie stark ist eigentlich Ihr Glaube? Können Sie das sagen? Beispielsweise auf einer Skala von 1-10? Wo würden Sie sich einordnen?
Im unteren Bereich? 1-3, na das wäre ziemlich schwach, ein bisschen mehr würde ich Ihnen zutrauen.
Sagen, wir im mittleren Bereich, da sollten wir eigentlich hinkommen, oder? Mindestens so 4-6; mit ein wenig Frömmigkeit schafft man das.
Vielleicht geht noch mehr? 7,8,9 oder gar 10? Ein bisschen Luft nach oben muss ja bleiben. Und überhaupt: wenn wir schon 8 oder 9 hätten, wo stünde dann Martin Luther, oder Dietrich Bonhoeffer, oder Mutter Theresa…?
Als Landeskirchenrat sollte ich doch mindestens auf eine 7 kommen, oder?

Ehrlich gesagt, wenn ich mich an diesem Spruch messe, dann muss ich ehrlich sagen: Ich habe gar keinen Glauben. Null. Nicht mal so groß wie ein Senfkorn. Niemals hat sich bei mir ein Berg auch nur einen Zentimeter bewegt. Ich habe auch nie versucht, zu einem Maulbeerbaum zu sagen: „Reiß dich aus und versetze dich ins Meer.“ Echt jetzt, Jesus? Ich glaube einfach nicht daran, dass der Baum mir gehorchen würde. Und wenn ich mich tatsächlich vor einen Baum stellen und zu ihm so sprechen würde – mit dem ehrlichen Glauben, dass er tut, was ich ihm befehle – , dann wäre ich wohl ein Fall für die Psychiatrie.

Und dann hätte ich auch die Bibel nicht genau genug verstanden.
Schließlich wird mehrfach im Alten Testament, zum Beispiel beim Propheten Jesaja (Jes 40,3-5. 49,11. 54,10) davon gesprochen, dass das Bewegen der Berge allein Gottes Sache ist. Am Ende der Zeiten.
Und der Apostel Paulus schreibt an die Gemeinde in Korinth (1. Kor 13,2), dass selbst ein Berge versetzender Glaube nichtig ist, wenn die Liebe fehlt. Das gilt dann auch für den Glauben, der Maulbeerbäume versetzen soll.

Irgendwie klingt die Antwort Jesu so übertrieben, ja falsch. Vielleicht liegt das daran, dass schon die Frage der Jünger irgendwie falsch ist. Vielleicht kann man die Stärke des Glaubens gar nicht an einer Skala von 1 bis 10 ablesen. Glauben ist nicht skalierbar. Ein „stärkerer“ Glaube wäre wie: Mehr Urlaubstage für einen Mann, der am Sinn seiner Arbeit zweifelt. Naheliegend, irgendwie wünschenswert und doch nur eine Ausflucht. Weil die Dosis nicht zählt. Weil solche Erfahrungen die Vorstellung von gradueller Steigerung ad absurdum führen. Es gibt nicht ein bisschen tot.  Versuchsweise retten. Im Ansatz gewiss. Ein Stück weit sicher. Alles nicht möglich.

Der Soziologe Armin Nassehi versteht den Glauben als Umgang mit dem Unbestimmten. Und er sagt: Dieser Umgang mit dem Unbestimmten ist nicht organisierbar. Die Kirche macht einen Fehler, wenn sie das versucht. Vielleicht hat er Jesus ganz gut verstanden. Mit seiner absurden Antwort vom Maulbeerbaum, der ins Meer fliegt, macht er deutlich, wie absurd es ist, die Stärkung des Glaubens organisieren zu wollen.

Vorhin habe ich gesagt, dass auf der Glaubensskala von 1 bis 10 Martin Luther wohl zu denen gehören würde, die ganz oben stehen. Aber wenn man genauer hinsieht, ist Luther eben nicht der Glaubensheld, von dem wir heute einfach nur zu lernen brauchen, wie man Maulbeerbäume ausreißt. In einem Brief an einen Freund (Nikolaus von Amsdorf) schreibt er am 1. November 1527, dass ihm ganz und gar nicht heldenhaft zumute ist: „Draußen sind Kämpfe, inwendig Schrecken, und zwar herbe; auswendig Streit – inwendig Furcht.“ Das war die Zeit, in der in Wittenberg die Pest wütete. Familie Luther öffnete ihr Haus für Freunde und Schüler, pflegte Kranke, musste Frauen und Kinder zu Grabe tragen.

In seiner Schrift „Ob man vorm Sterben fliehen möge“ hat Luther begründet, warum er das getan hat. Hören Sie genau zu, das ist zwar von 1527, klingt aber erstaunlich modern: „Wenn Gott tödliche Seuchen schickt, will ich Gott bitten, gnädig zu sein und der Seuche zu wehren. Dann will ich das Haus räuchern und lüften, Arznei geben und nehmen, Ort meiden, wo man mich nicht braucht damit ich nicht andere vergifte und anstecke und ihnen durch meine Nachlässigkeit eine Ursache zum Tode werden. Wenn mein Nächster mich aber braucht, so will ich weder Ort noch Person meiden, sondern frei zu ihm gehen und helfen. Siehe, das ist ein gottesfürchtiger Glaube, der nicht tollkühn und dumm und dreist ist und Gott nicht versucht.“

Da ist alles drin, woran wir heute denken, wenn die Pest unserer Tage, das Corona-Virus, unsere Gegenwart bestimmt: Viel Lüften. Abstand halten. Homeoffice. Seelsorge in Altenheimen. Impfen, ja Impfen – denn, so Luther: „Gott hat die Arznei geschaffen und die Vernunft gegeben, dem Leib vorzustehen und ihn zu pflegen, daß er gesund sei und lebe. Impfen also aus lutherischer Sicht ein vernünftiges Verhalten, ein vernünftiger Gottesdienst. Erstaunlich modern, dieser Reformator.

„Ein gottesfürchtiger Glaube, der nicht tollkühn und dumm und dreist ist und Gott nicht versucht“  – könnte das ein senfkorngroßer Glauben sein? Der zwar nicht Maulbeerbäume entwurzelt oder Berge versetzt, der aber Stück für Stück in Liebe zu den Menschen dazu beiträgt, dass unsere Gesellschaft nicht mehr in den Corona-Lockdown zurückmuss.

Ein Glaube, der Gott nicht versucht, sondern Gott vertraut – ein solcher Glaube, der versetzt zwar vielleicht keine Berge, aber er ist ein Glaube in Liebe. Und damit ist er doch nicht so nichtig, doch keine Null. Immerhin. Ein Senfkorn.

Wenn Sie denken, es wird alles zu schwierig, unser Glauben ist zu klein, unsere Gemeinde wird zu klein,– dann denken Sie an das kleine Senfkorn. Immerhin.

Und in Ihrem besonderen Senfkorn steht der Verweis auf Ps 127,1. Gott hat das Haus gebaut, Gott hat dieses Haus gebaut. Es ist nicht umsonst, dass Menschen daran gebaut haben. Und wenn sie auch keine Maulbeerbäume oder Berge versetzt haben, so doch zumindest einiges an Baumaterial. Sie hier in Arnsberg haben ja seit der Erbauung irgendwie ständig an Ihrer Kirche herumgebaut. Wenn ich es richtig verstanden habe, war etwa alle 50 Jahre ein Umbau daran (Bau 1822-24, Umbauten 1891, 1951/52, 2001, 2019-21). Sie werden weiter daran bauen. Das kann ich mir eigentlich gar nicht anders vorstellen. Und zwar nicht nur äußerlich. Sondern auch innerlich. Sie werden hier in diesem Gebäude Gemeinde er-bauen, auf-bauen, auf-er-bauen. Gemeindeaufbau mit dem gleichen Senfkorn-Glauben wie beim Kirchenumbau. Wenn der Herr nicht die Gemeinde baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen. Weil der Herr aber diese Gemeinde baut, so wird die Arbeit derer, die daran arbeiten, nicht umsonst sein. Das ist die Verheißung dieses Tages.

Oh happy day!

Amen.