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„Mitten unter euch“

Jesus Christus spricht: „Das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ (Lukas 17,21)

Monatsspruch Oktober 2025

Väter kennen das von Urlaubsreisen: Wann sind wir endlich da? schallt es vom Rücksitz, wo die Kinder sich nur mühsam beherrschen können in der Vorfreude auf das Ziel. Geduld. Das Navi sagt: noch zwei Stunden. Aber man weiß nie, ob noch ein Stau dazwischen kommt. Und wenn Ihr eine Pause machen wollt, dauert’s noch länger.

Eine ähnliche Frage wurde Jesus auch von den Pharisäern gestellt: Wann kommt das Reich Gottes? Seine Antwort: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man’s beobachten kann; man wird auch nicht sagen: Siehe, hier ist es! Oder: Da ist es! Das hört sich erstmal an wie der Vater auf dem Fahrersitz: Man weiß nie. Aber Jesus weiß mehr: Das Reich Gottes ist mitten unter euch. Das Navi sagt: Sie haben Ihr Ziel erreicht.

Doch die beiden griechischen Worte in Lukas 17,21, die mit mitten unter euch wiedergegeben werden, können auch anders verstanden werden. Martin Luther hatte sie mit inwendig in euch übersetzt, also in den Herzen und Seelen. Manche haben auch in eurem Machtbereich darunter verstanden, also: Es liegt an euch, ob es da ist oder nicht.

Die Übersetzung in eurem Machtbereich überfordert mich: Das Reich Gottes soll von meinem Wollen und Tun abhängig sein? Das ist mir zu viel. Ich bitte lieber im Vaterunser Gott darum: Dein Reich komme! und halte mich dann an Martin Luthers Auslegung im Kleinen Katechismus Gottes Reich kommt wohl ohne unser Gebet von ihm selbst, aber wir bitten in diesem Gebet, dass es auch zu uns komme.

Dass Jesus wirklich zu den Pharisäern gesagt haben soll, das Reich Gottes sei inwendig in euch, überzeugt mich auch nicht. Diese Verinnerlichung führt doch nur zu einer Vereinzelung und damit weg von dem, was mir im Reich Gottes wichtig ist – der Gemeinschaft mit denen, die mit mir zusammen dort sind.

Also ist das Reich Gottes mitten unter euch? So übersetzen die modernen (evangelischen wie katholischen) Bibelausgaben meistens. Was heißt das?
– Das Reich Gottes hat mit Jesus Christus zu tun, der mitten unter seinen Hörer:innen stand und in dem sich Gott auf Erden geoffenbart hat.
– Das Reich Gottes gibt es nicht nur für mich alleine, sondern nur für uns zusammen.
– Das Reich Gottes ist nicht nur im fernen Jenseits, sondern hat Auswirkungen auf unser alltägliches Diesseits.

Als Christ:innen hoffen wir auf dieses Reich Gottes, den Bereich, in dem sein Wille gilt. Auf eine Welt, die friedlich ist, freundlich, gerecht, versöhnt – wo das Gute das Böse überwunden hat. Gleichzeitig wissen wir: So ist unsere Welt nicht. Wir können nicht sagen: Siehe, hier ist es, das Reich Gottes! Und dennoch hoffen wir: Das ist noch nicht so. Gott hat Gutes mit uns und unserer Welt vor. Diese Hoffnung gibt uns Kraft, uns aktiv für Frieden, Freundlichkeit, Gerechtigkeit und Versöhnung einzusetzen, also nach dem Reich Gottes zu trachten (vgl. Matthäus 6,33). Dort haben wir unser Ziel erreicht.

Für „Ein Weggeleit 2025“ der Männerarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen

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In jeder Hinsicht Wohlergehen und Gesundheit

Ich wünsche dir in jeder Hinsicht Wohlergehen und Gesundheit, so wie es deiner Seele wohl ergeht. (3. Johannes 2)

Monatsspruch Mai 2022

„Lieber Opi, wie geht es Dir? Mir geht es gut.“ Der Klassiker auf den Urlaubspostkarten früherer Jahre. Noch vor den Ferienerlebnissen an der Nordsee oder im Schwarzwald ging es ums Wohlergehen des daheimgebliebenen Großvaters (oder der Großmutter).

Der 3. Brief des Johannes an seinen Freund Gaius ist kaum länger als eine Postkarte – und auch er beginnt so.

Auch wenn Urlaubspostkarten etwas aus der Mode gekommen sind und zumindest meine Kinder ihre Großeltern live per WhatsApp informieren – den Wunsch des Johannes finde ich immer noch richtig klasse: Da meint es mal jemand richtig gut mit mir. In jeder Hinsicht soll es mir wohl ergehen. Weil das auch heute offensichtlich einen Nerv trifft, findet sich dieser 2000 Jahre alte Wunsch heutzutage auf allerlei bunten Genesungs-, Geburtstags- oder sonstigen Glückwunschkarten.

Denn wer wünscht sich das nicht? „In jeder Hinsicht Wohlergehen“. Wobei Johannes voraussetzt, dass es Gaius seelisch schon gut geht. Dazu soll auch die körperliche Gesundheit kommen. Aber was auch immer zuerst kommt, der Körper oder die Seele, eins ist klar: Beide können nicht ohne einander.

Tue deinem Körper etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“ Teresa von Avila wird das zugeschrieben. Seelisches Wohlergehen gibt es nicht, ohne dass es dem Körper wohl ergeht. Und ich habe eine Mitverantwortung dafür.

Wie gehe ich mit meinem Körper um?
Halte ich mich fit? Ein Spaziergang an der frischen Luft dient nicht nur dem körperlichen Wohlbefinden, er tut rundum gut.
Esse ich maßvoll, ausgewogen und gesund? Gönne ich meinem Körper ausreichend Schlaf? Tanke ich auf, indem ich meine Lieblingsmusik höre oder selber mache?

Erlaube ich mir, einfach mal so loszulachen? Kinder lachen im Schnitt etwa 400-mal täglich, Erwachsene nur noch 15-mal. Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder…“ (Matthäus 18,3).

Das erinnert mich daran, wie wichtig es ist, mir die Lebensfreude zu erhalten – gerade dann, wenn mich die Sorge für andere belastet. Für meine Familie, für meinen Freundeskreis, vielleicht auch für meine Firma oder meine Kirche. Aber nicht nur für meinen nächsten Umkreis, sondern auch für die, die mir etwas ferner stehen.

Das war auch schon im 3. Johannesbrief so. Direkt nachdem Johannes seinem Freund Gaius Wohlergehen wünscht, lobt er ihn für sein Verhalten: Mein Lieber, du handelst treu in dem, was du an den Brüdern tust, zumal an den fremden“.
Was tue ich für meine fremden Geschwister in dieser Welt?
Für die Flüchtlinge, die immer noch im Mittelmeer umkommen. „Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.“
Für die Christinnen und Christen, die wegen ihres Glaubens benachteiligt und verfolgt werden.
Für die Menschen, denen der menschengemachte Klimawandel die natürlichen Lebensgrundlagen zerstört.
Mein Wohlergehen hängt mit ihrem Wohlergehen zusammen. Ich will mich so verhalten, dass mein Wunsch nach ihrem Wohlergehen nicht nur ein Spruch auf einer bunten Karte bleibt.

Für „Ein Weggeleit 2022“ der Männerarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen