„Ich wünsche dir in jeder Hinsicht Wohlergehen und Gesundheit, so wie es deiner Seele wohl ergeht.“ (3. Johannes 2)
Monatsspruch Mai 2022
„Lieber Opi, wie geht es Dir? Mir geht es gut.“ Der Klassiker auf den Urlaubspostkarten früherer Jahre. Noch vor den Ferienerlebnissen an der Nordsee oder im Schwarzwald ging es ums Wohlergehen des daheimgebliebenen Großvaters (oder der Großmutter).
Der 3. Brief des Johannes an seinen Freund Gaius ist kaum länger als eine Postkarte – und auch er beginnt so.
Auch wenn Urlaubspostkarten etwas aus der Mode gekommen sind und zumindest meine Kinder ihre Großeltern live per WhatsApp informieren – den Wunsch des Johannes finde ich immer noch richtig klasse: Da meint es mal jemand richtig gut mit mir. In jeder Hinsicht soll es mir wohl ergehen. Weil das auch heute offensichtlich einen Nerv trifft, findet sich dieser 2000 Jahre alte Wunsch heutzutage auf allerlei bunten Genesungs-, Geburtstags- oder sonstigen Glückwunschkarten.
Denn wer wünscht sich das nicht? „In jeder Hinsicht Wohlergehen“. Wobei Johannes voraussetzt, dass es Gaius seelisch schon gut geht. Dazu soll auch die körperliche Gesundheit kommen. Aber was auch immer zuerst kommt, der Körper oder die Seele, eins ist klar: Beide können nicht ohne einander.
„Tue deinem Körper etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“ Teresa von Avila wird das zugeschrieben. Seelisches Wohlergehen gibt es nicht, ohne dass es dem Körper wohl ergeht. Und ich habe eine Mitverantwortung dafür.
Wie gehe ich mit meinem Körper um?
Halte ich mich fit? Ein Spaziergang an der frischen Luft dient nicht nur dem körperlichen Wohlbefinden, er tut rundum gut.
Esse ich maßvoll, ausgewogen und gesund? Gönne ich meinem Körper ausreichend Schlaf? Tanke ich auf, indem ich meine Lieblingsmusik höre oder selber mache?
Erlaube ich mir, einfach mal so loszulachen? Kinder lachen im Schnitt etwa 400-mal täglich, Erwachsene nur noch 15-mal. „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder…“ (Matthäus 18,3).
Das erinnert mich daran, wie wichtig es ist, mir die Lebensfreude zu erhalten – gerade dann, wenn mich die Sorge für andere belastet. Für meine Familie, für meinen Freundeskreis, vielleicht auch für meine Firma oder meine Kirche. Aber nicht nur für meinen nächsten Umkreis, sondern auch für die, die mir etwas ferner stehen.
Das war auch schon im 3. Johannesbrief so. Direkt nachdem Johannes seinem Freund Gaius Wohlergehen wünscht, lobt er ihn für sein Verhalten: „Mein Lieber, du handelst treu in dem, was du an den Brüdern tust, zumal an den fremden“.
Was tue ich für meine fremden Geschwister in dieser Welt?
Für die Flüchtlinge, die immer noch im Mittelmeer umkommen. „Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.“
Für die Christinnen und Christen, die wegen ihres Glaubens benachteiligt und verfolgt werden.
Für die Menschen, denen der menschengemachte Klimawandel die natürlichen Lebensgrundlagen zerstört.
Mein Wohlergehen hängt mit ihrem Wohlergehen zusammen. Ich will mich so verhalten, dass mein Wunsch nach ihrem Wohlergehen nicht nur ein Spruch auf einer bunten Karte bleibt.
Für „Ein Weggeleit 2022“ der Männerarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen